Schlager der 70er-Jahre
Samstagabend, 19.30 Uhr, Berlin: Dieter Thomas Heck begrüßt im fliederfarbenen Dreiteiler sein Publikum im Studio der „Hitparade“. Wie jeden Monat. Lange Koteletten fast bis zum Kinn, dazwischen die markante Goldrandbrille. Der ehemalige Borgward-Verkäufer, der mit richtigem Namen Carl-Dieter Heckscher heißt, weiß, was die Massen begeistert: Schlager.
Auch unsere drei Fotomodelle sind Schlager: Kadett und Käfer dominieren die deutsche Zulassungsstatistik der 70er-Jahre souverän. Bei den Importeuren liegt, nur knapp geschlagen vom Renault 16, der Fiat 128 auf Platz zwei. Die drei stehen beispielhaft für völlig unterschiedliche Fahrzeugkonzepte: Hier der Käfer mit dem schon lange veralteten, luftgekühlten Heckmotor, dort der technisch konservative, optisch aber moderne und geräumige Kadett mit Frontmotor und angetriebener Hinterachse und dazwischen der Fiat mit seinem damals von vielen noch misstrauisch beäugten Frontantrieb.
Seinerzeit wurde an den Stammtischen mit fast religiösem Eifer über Vor- und Nachteile der Antriebskonzepte diskutiert, heute wissen wir, dass der Fiat 128 mit quer eingebautem Frontmotor und Frontantrieb einen Trend setzte, dem auch VW kurz darauf mit dem Golf folgen musste. Grund genug, die drei zum AUTO CLASSIC-Vergleich zu bitten.
Im März 1969 präsentieren die Turiner den Typ 128 als Limousine mit zwei oder vier Türen, wobei die zusätzlichen hinteren Portale mit Kindersicherung stattliche 300 Mark Aufpreis kosten. Eine Länge von nur 3,84 Metern reicht damals für eine Einstufung in die Mittelklasse. Doch der wahre Clou des Fiat: Er ist innen größer als außen, weil sein Motor vorn quer montiert ist und die Vorderräder antreibt.
Er ist der erste frontgetriebene Fiat überhaupt. Keine Kardanwelle, kein Kardantunnel – da bleibt mehr Raum für Insassen nebst Gepäck. In zeitgenössischen Testberichten erntet der 128 reichlich Lorbeeren für seine gute Raumökonomie und für die sportlichen Fahrleistungen. Der neu konstruierte Vierzylinder mit oben liegender Nockenwelle und 55 PS aus nur 1.116 Kubikzentimetern hängt die Konkurrenz aus Käfer, Kadett und Ford Escort im Sprint von null auf 100 locker ab: 18,8 Sekunden!
Ein VW 1303 benötigt da fast fünf Sekunden länger. Auch in der Spitze zeigt der 5.650 Mark teure Fiat den Wettbewerbern die Rückleuchten: Echte 140 Sachen sind drin – damals Welten, die für Diskussionen an den Stammtischen sorgen. Auch die recht straffe Federung des kleinen Italieners wird ausführlich besprochen. Vorn dämpfen Federbeine mit Schraubenfedern den Fahrbahnkontakt, hinten gibt es eine quer liegende Blattfeder mit zwei Querlenkern. Alles zusammen bringt eine gesunde Härte, die jedoch gut zum sportlichen Gesamtcharakter des 128 passt.
1969 wächst die 128er-Familie
1969 übernimmt Fiat die Marke Lancia und sichert sich 50 Prozent an Ferrari. Dennoch bleibt für den Ausbau der Brot-und-Butter-Modelle genug Geld in der Portokasse. Der 128 wird 1970 „Auto des Jahres“, ergänzt durch den praktischen Kombi Familiare, ab 1976 Panorama genannt. Für sportliche Familienväter wird auf dem Genfer Autosalon im März 1971 der 128 Rally mit 1,3-Liter-Antrieb und 67 PS für gut 150 Stundenkilometer Spitze vorgestellt.
Stets zweitürig, ist er an der Frontstoßstange mit Zusatzlampen und mattschwarzen Zierstreifen oberhalb des Schwellers erkennbar. Für bestmögliche Verzögerung des 820 Kilogramm leichten Sportlers ist ein Bremskraftverstärker serienmäßig. 1972 erscheint das schmucke Sportcoupé mit 63 oder gar 75 Pferden. Ende des Jahres ändert sich das 128-Gesicht: Der Kühlergrill ist nun nicht mehr aus Aluminium, sondern aus schnödem Plastik.
Und: Neue Türgriffe, Sitzbezüge und ein serienmäßiges Bremsservo gibt’s dazu. Anfang 1975 werden das Kombi-Coupé Berlinetta mit großer Heckklappe und umlegbarer Rückbank sowie ein Basismodell mit 45 PS präsentiert. Ende desselben Jahres erhalten alle 128 noch ein kleines Facelift: Die Rückleuchten vergrößern sich, die Stoßfänger sind nun aus Kunststoff, und eine umlaufende Gummizierleiste schützt das Blech vor Parkremplern.
Dazu kommen neue Sitze, ein neues Armaturenbrett, Rechtecklampen vorn und eine Drehstromlichtmaschine. Bereits 1978 steht der Nachfolger Ritmo bereit, doch wegen seiner großen Beliebtheit wird der 128 in Italien noch bis 1983 hergestellt. In Serbien endet das Leben des Zastava Skala erst 2008, ein Jahr länger hält sich sogar die ägyptische Produktion des Nasr 128. Nach 2,776 Millionen gebauten Exemplaren ist aber endgültig Schluss.
Der Testwagen – dezent getunt
Seit 1998 gehört der rote Fiat Werner Schlemmer. Für die Komplettsanierung brauchte der gelernte Kfz-Mechaniker drei Jahre, „weil neben dem Job als Lkw-Fahrer halt nicht so viel Zeit fürs Schrauben bleibt“, wie der 56-Jährige erklärt. Die schon ab Werk gelochten Bleche in den Schwellern waren rostbedingt noch zusätzlich perforiert.
Fiat-Fan Schlemmer hat mit seinem Sohn, der ebenfalls Automechaniker ist, bei der Restaurierung auch dezent Hand an die Technik gelegt: Zwei 36er-Weber-Doppelvergaser besorgen die Gemischbildung und bescheren mindestens 80 muntere PS. Normalerweise hätte der Italiener mit dem 1300er-Rally-Motor sieben Pferde weniger – und selbst das war für die damalige Zeit schon ein beachtlicher Wert.
Zum Vergleich: Der 1303 holt aus dem gleichen Hubraum gerade 44, der Kadett mit 100 Kubikzentimetern weniger immerhin 60 PS. Der Fiat-Vierzylinder dreht dafür höher: Erst bei 6.800 Touren beginnt der rote Bereich. Der hübsche Rotling steht auf Cromodora-Alufelgen (CD 30) eines 124er-Abarth und die geteilte Stoßstange mit Zusatzscheinwerfern wie auch das Kombiinstrument mit Tacho bis 180 stammen aus einem der begehrten 128er-Rally. Als optisches Bonbon hat Schlemmer den rot lackierten Luftfilter mit einem weißen Skorpion verziert – Abarths Erkennungszeichen.
Sturmerprobt und erdverwachsen, ja so sind die Niedersachsen. Die Landeshymne steht symbolisch auch für die Käfer-Kernwerte, die von Ferdinand Porsche, seinem Konstrukteur, ins runde Blech gemeißelt scheinen: luftgekühlter Boxer hinten, das Gepäckfach vorne. Genialer Nebeneffekt dieser Anordnung: Weil der Kofferraum vorn liegt, besitzt er quasi eine automatische Leuchtweitenregulierung.
Beladen taucht der Bug in die Federn, der Gegenverkehr wird auch voll beladen nie geblendet. Doch zurück zum Grundsätzlichen: Der Typ 1 wird für den privaten Gebrauch seit 1946 ausgeliefert. Die letzte Evolutionsstufe erreicht der Krabbler im August 1972 nach den Werkferien als VW 1303, Typ 13. Auffälligstes Merkmal: Die Frontscheibe ist größer und stark nach außen gewölbt, um den Abstand zum Fahrer zu vergrößern.
Dies fordert eine geplante US-Sicherheitsvorschrift, die dann aber nie umgesetzt wurde. Am Heck finden die sogenannten Elefantenfüße, übergroße Rundrückleuchten im Sicherheitsdesign, Verwendung. Auch technisch reift der Evergreen: Alle Käfermodelle haben seitdem ein 12-Volt-Bordnetz. Besonders das Fahrwerk wird aufwendig modifiziert. Dazu wird der gesamte Vorderwagen neu gestaltet.
War bislang vorn die Kurbellenkerachse mit Gelenkarmen am Doppelrohrachsträger üblich, kommt nun reinrassige McPherson-Technik zum Einsatz. Nicht mehr Drehstäbe, sondern klassische Federbeine sorgen vorne für besten Abrollkomfort. Im Heck wird statt der betagten Pendel- jetzt die Doppelgelenkachse eingebaut. Allerdings bleibt es hier bei den Federdrehstäben des Prinzips Porsche.
Auch der Boxerantrieb erstarkt dank der letzten Hubraumvergrößerung (1,3 Liter, wie 1302) auf 44 PS. Im 1303 S treibt gar ein 1,6-Liter-Boxer das automobile Insekt in ungeahnte Leistungsregionen auf 50 PS. Das reicht für ein atemberaubendes Tempo von 135 Stundenkilometern und entsprechend hohe Verbräuche im Stadtverkehr, die jenseits der 14 Liter pro 100 Kilometer liegen können. Gewonnen hat der Kugelporsche auch im Innenraum.
Das Armaturenbrett ist komplett verkleidet. Die Tür- und Seitenverkleidungen sind neu gestaltet. Die praktischste Änderung: Endlich nie mehr im Winter Eis kratzen von innen, denn ein zweistufiges Gebläse versucht, die Scheiben beschlag- und eisfrei zu halten. Doch es hilft nichts: Der Golf, 1974 eingeführt, kann so vieles so viel besser, dass der 1303 plötzlich zu teuer ist. Ab 1975 wird es den Käfer wieder nur mit herkömmlicher Vorderachse geben; lediglich das Cabrio wird noch bis 1980 als 1303 bei Karmann vom Band laufen.
Der Testwagen – rund und gesund
Bis auf kleine Ausbesserungen steht unser Fotomodell im Originallack Saharabeige richtig proper da. Dieser 1303 wurde im Juli 1973 zugelassen und ist nun in dritter Hand bei einem wahren Liebhaber und Kenner: Willi Gütter ist 65 Jahre alt, Augsburger, selbstständiger Kfz-Meister und besitzt den niedersächsischen Knubbel schon seit acht Jahren.
Wohl gepflegt und selten gefahren
Seitdem hat er jedoch gerade mal knappe 3.000 Kilometer auf das Zählwerk des Wolfsburgers addiert. Gütter besitzt nämlich auch noch ein Audi 100 Coupé S und einen Mercedes W123, die ebenfalls regelmäßig bewegt werden wollen. Die rote Cordausstattung ist tadel- und fleckenlos, Kokosfußmatten schützen den Teppich. Vor der H-Zulassung baute der bayerische Schwabe ein originales Radio ein und erneuerte die durchgerosteten Trittbretter.
Außer einer heizbaren Heckscheibe und der Nebelschlussleuchte war es das auch schon mit Extras. Heute zeigt der Tacho glaubwürdige 51.000 Kilometer. Der letzte Service in der freundlichen VW-Werkstatt erfolgte 1994 bei rund 48.000 Kilometer, wie der kleine Aufkleber im Kofferraum und das dünne Scheckheft im Handschuhfach verraten. Nur einmal war der Käfer bei einem Mazda-Händler zum Pflegedienst; warum, das weiß wohl nur der Erstbesitzer.
Der Rüsselsheimer feiert in diesem Jahr einen runden Geburtstag. Der Serienanlauf startete vor 40 Jahren im August 1973 – im großen Ölkrisenjahr mit seinen autofreien Sonntagen, von denen der erste am 25. November stattfand. Aber der genügsame Kompakt-Opel wird dennoch ein Erfolg: Als zwei- und viertürige Limousine, Fließheckcoupé oder als Kombi mit Riesenluke im Heck, bei Opel stets Caravan genannt wird, ist der Kadett zu Diensten. Der intern C1 genannte Bochumer, der auch in Antwerpen produziert wird, basiert technisch auf seinem Vorgänger:
Vierzylinder vorn, Heckantrieb, vorn meist Scheibenbremsen (Basismodell mit Trommeln), hinten Trommeln. Die Spur wurde gegenüber dem Kadett B um 20 Millimeter verbreitert, was dem Fahrverhalten zugute kommt. Ein Vierganggetriebe besorgt die Kraftübertragung. Nur für den 1.2S und 1.6S gibt’s eine Dreistufenautomatik von der Detroiter Mutter General Motors. Der Automat ist ein exquisites Extra, das 805 Mark kostet – immerhin fast zehn Prozent des Gesamtkaufpreises eines 60-PS-Zweitürers.
Der Innenraum wirkt nüchtern aufgeräumt. Fünf Leute finden im anfangs 7.175 Mark teuren Basismodell Platz. Wer vier Türen braucht, zahlt 375 Mark extra. Für einen kürzeren Schalthebel, die sogenannte Sportschaltung, müssen weitere 109 Mark berappt werden. Selbst eine verstellbare Beifahrersitzlehne wird mit 39 Mark extra berechnet. Motorisch beginnt die Kadettenanstalt seit 1974 mit dem Einlitermotor und mageren 40 PS. Der 1,2-Liter liefert 52 oder, in der S-Version, 60 PS an die Hinterräder.
Modellvielfalt für Familie und Sport
Im Mai 1975 stellt Opel seinen Golf-Schläger vor: den Kadett City mit praktischem Schrägheck und großer Heckklappe. Ein Jahr vor dem Golf GTI erscheint das legendäre GT/E-Coupé, anfangs mit 1,9-Liter Hubraum und 105 PS dank L-Jetronic-Einspritzung. Insgesamt entstanden 2.234 Stück vom meist schwarz-gelben Opel-Blitz. Ebenfalls 1975 erscheint das Sondermodell Swinger, doch dieser Ausrutscher blieb wegen der arg bunten Dekorstreifen ein Ladenhüter.
Für alle anderen Modelle gibt’s im selben Jahr serienmäßig eine heizbare Heckscheibe, einen Bremskraftverstärker und eine größere Lichtmaschine mit 45 Ah. 1976 verkauft der schwäbische Karosseriebetrieb Baur seine Idee vom Sicherheitscabriolet auch an Opel. Doch der Aero 1.2 S mit herausnehmbarem Targadach und hinterem Klappverdeck fährt lediglich zwei Sommer lang und wird nur 1.242-mal produziert. Verständlich, kostet er doch satte 5.000 Mark mehr als die Basisvariante.
Ab August 1977 werden die vorderen Blinker von unterhalb der Stoßstange hoch neben die Rechtecklampen versetzt. Der Neue heißt nun intern C2. 1975 wird noch der 1.6S mit 75 PS angeboten. Er ist üppig ausgestattet mit 185er-Breitreifen, umschäumtem Vierspeichenlenkrad, Quarzuhr (sonst 61 Mark Aufpreis), Drehzahlmesser und weiterem Zubehör.
Am Ende der Bauzeit erstarkt der GT/E mit nun zwei Litern Hubraum auf 115 PS. Der GT/E dient Opel als Basis für seine Rennsportaktivitäten: Rauno Aaltonen und Walter Röhrl heißen die erfolgreichsten Fahrer. 1978 kostet der Rüsselsheimer Renner angemessene 14.470 Mark. Der Kadett C ist der letzte Hecktriebler der kompakten Erfolgsbaureihe. 1,7 Millionen Exemplare marschieren bis 1979 vom Band, der Nachfolger setzt auf den immer populäreren Frontantrieb.
Der Testwagen – umhegter Familienschatz
Renate und Peter Pentenrieder sind echte Opel-Fans und schenkten den ockergelben C-Kadett ihrem Sohn Bastian als Überraschung zum achtzehnten Geburtstag. Das ist jetzt 17 Jahre her, und natürlich ist der Kadett ein vollwertiges Familienmitglied. Gerade einmal 52.262 Kilometer stehen glaubwürdig auf der Uhr des 1,2S, den die Familie aus dem oberbayerischen Germering im Jahr 2000 neu lackieren ließ.
Trotz seiner 60 PS ist der Rüsselsheimer kein Renner, denn das damals so exklusive Dreistufenautomatikgetriebe lähmt den Vortrieb merklich. Innen verströmt der Kadett den Duft der 70er: Die bequemen Hahnentrittstoff-Polster sind makellos und riechen artgerecht etwas nach Plastik. Das Armaturenbrett zeigt sich unbeeindruckt von jahrelanger UV-Bestrahlung, nur das Lenkrad ist am Kranz leicht eingerissen.
Dieser Opel stammt aus erster Hand und steht auf „Breitreifen“ der Dimension 175 x 13, üblich waren damals mickrige 6.00 x 12er-Radialreifen oder Gürtelreifen im Format 155 SR 13. Die Ausstattung ist zeitgenössisch karg: Das zweistufige Gebläse müht sich um Luftaustausch. Am Drehschalter gezogen, wird die heizbare Heckscheibe aktiviert. Dieser Kadett ist wahrlich zeitlos – eine Uhr fehlt genauso wie ein Handschuhfach oder ein abblendbarer Innenspiegel.
Die natürliche Domäne dieses Trios in ihrer sicher nicht ganz so wilden Jugend war werktags der Arbeitsweg und am Wochenende die Autobahn ins Grüne. Heute werden sie nicht mehr im Alltag bewegt – obwohl sie den durchaus noch beherrschen würden. Denn so solide und zuverlässig wie sie sind nur wenige Oldtimer. Der Fiat gibt sich flink und agil wie ein Goldhamster im Laufrad.
Die Lenkung ist direkt und präzise, wie nur Zahnstangenlenkungen es können. Die Gänge hakeln sich markentypisch unwillig durch die Kulisse, die Pedalerie steht eng beieinander und lässt sich am besten mit leichtem Schuhwerk betätigen. Der drehwillige, kernige Vierzylinder sorgt für mehr als angemessene Fahrleistungen. Der 128 trägt in diesem Trio eindeutig das Sportabzeichen.
Doch er ist auch praktisch: Das Raumgefühl ist gut, die Materialien im Innenraum sind robust, die haltbaren Kunstlederpolster unseres Testwagens erscheinen jedoch eher als atmungspassiv. Auch der Opel macht einen guten Eindruck. Das Interieur wirkt aufgeräumt und pflegeleicht. Die Sitzposition ist bequem, das Gefühl am dürren Zweispeichen-Volant aber nicht ganz so exakt – da bedarf es einer harten Hand.
Der 1,2-Liter schnurrt wie eine ablaufende Angelrutenrolle. Die Fahrleistungen sind nicht dramatisch, die kräftezehrende Dreistufenautomatik hemmt den Vortrieb unseres Testwagens spürbar. Das Cockpit ist zweckmäßig und übersichtlich. Praktisch: Die Innenbeleuchtung wird logischerweise am Lichtschalter betätigt – lange eine Opel-Spezialität. Der Platz reicht für fünf, der Kofferraum ist familientauglich.
Die Verarbeitungsqualität des ganzen Wagens strahlt die Solidität der 70er aus. Der stets zweitürige Wolfsburger wirkt wie ein Tresor. Allein das Geräusch beim Schließen der Türen bezeugt die hohe Fertigungsqualität. Im Innenraum überwiegt pragmatische Sachlichkeit. Ein Rundinstrument informiert über die Geschwindigkeit und den Benzinvorrat – mehr Infos braucht der Käfer-Fahrer nicht!
Die Platzverhältnisse sind, nun ja, kommod. Die Lenkung arbeitet etwas teigig, die Schaltwege des Vierganggetriebes sind lang und ungenau. Das 44 PS starke Boxerherz schlägt unbeirrt und beschert dem Käfer ausreichende Fahrleistungen. Überraschend ist das gut abgestimmte Fahrwerk, das willig Straßenunebenheiten schluckt und auch Schlaglöcher nur verhalten an die Insassen weitergibt.
Fazit
Im Jahr des Elfers haben wir unzählige Porsche auf den großen Messen in Bremen, Essen, Stuttgart und Friedrichshafen sowie auf vielen Oldtimerveranstaltungen gesehen. Aber wann haben wir zuletzt einen rostfreien Fiat 128 in freier Wildbahn erblickt, wann den letzten Kadett C bewundern können, wann einem originalen 1303 an den beiden Endrohren geschnüffelt? Eben. Und deshalb sind alle drei 70er-Jahre-Schlager auf ihre Art Topstars.
Den Fiat 128 lieben wir für seine gute Raumökonomie, den sportlichen Antritt und die liebevollen Details wie Handgas (dem Vorläufer des Tempomats) oder Scheibenwischer-Intervallschaltung. Die ganze Familie passt rein – ab nach Italien. Beim Kadett mögen wir die Modellvielfalt, die teutonisch schlichte Sachlichkeit, die klare Designlinie und die nahezu unkaputtbare Technik.
Eben eine echte Nähmaschine, die läuft und läuft. Wie auch der Käfer, der dauerhaft in der Tiefgarage unseres Unterbewusstseins parkt. Die erste Liebe darin vorm elterlichen Haus geknutscht, im Winter die gute Traktion geschätzt und die Frontscheibe innen stets händisch vom Eise befreit (oder eben nicht, falls es zum 1303 reichte). Der putzmuntere Boxer schnorchelt luftgekühlt im Heck – so soll es sein.
Drei Schlager für jeden Oldiegeschmack
Oldiefreunde machen mit keinem der drei Verkaufsschlager der 70er etwas falsch. Der Fiat macht mit guten Fahrleistungen und sportlicher Abstimmung auch heute noch eine bella figura. Der Opel zieht so tapfer wie unerschrocken seine Bahnen, unbeeindruckt von modischem Schnickschnack. Der 1303 steht für die letzte Ausbaustufe der Käfer-Evolution.
Sein modernisiertes Fahrwerk bietet erstaunlichen Fahrkomfort, und Platz ist schließlich in der kleinsten Hütte. Welchen nehmen? Nun, vielleicht hilft ein Blick ins Portemonnaie: Kadetten stehen schon ab 2.000 Euro stramm, fahrbare kleine Italiener kosten nur wenig mehr, lediglich das Wolfsburger Insekt ist preislich in deutlich höhere Sphären entflogen.