Viersitzige Cabrios im Vergleich

Fahrzeugvergleich: BMW 1602 Baur Vollcabrio, Chevrolet Corvair, Peugeot 504

Klassische Cabrios gibt es wie Sand am Meer. Doch wenn es darum geht, die frische Luft mit mehr als zwei Personen zu geniessen, wird die Auswahl klein. Wir haben drei viersitzige Cabrios - BMW 1602 Baur Vollcabrio, Chevrolet Corvair und Peugeot 504 - zum Kennenlernen gebeten.

 
BMW 1602 Baur Vollcabrio, Chevrolet Corvair, Peugeot 504 © Jörn-M. Müller-Neuhaus
BMW 1602 Baur Vollcabrio, Chevrolet Corvair, Peugeot 504

Wer bei viersitzigen Cabrios in erster Linie an große und bequeme Straßenkreuzer aus US-Produktion denkt, liegt gar nicht einmal so falsch – tatsächlich haben fast alle US-Hersteller bis weit in die 70er-Jahre hinein Cabrioversionen ihrer Modelle im Programm gehabt und Platz für Vier boten praktisch alle.

Wir haben für unseren ­Vergleich einen eher untypischen, für US-Verhältnisse kompakten Amerikaner ­ausgewählt. Unter den US-Autos ist der Chevrolet Corvair ein Exote. Unter der Heckklappe schlummert ein 2,3 Liter großer luftgekühlter 6-Zylinder-Boxer. Die sportliche europäische Schule vertritt der BMW 1602 Baur, während mit dem Peugeot 504 Cabriolet französische Eleganz und Komfort geboten werden.

BMW 1602: Das Spaßmobil

Der Stuttgarter Karosseriebauer Baur hat zwischen 1968 und 1971 den kleinen 02er-BMW zu einem bildhübschen Vollcabrio umgebaut, dem man den nachträg­lichen Aufschnitt nicht ansah. Für den ­Cabrioeinsatz wurde die Karosse im ­Unterbodenbereich aufwendig verstärkt, was dazu führt, dass die kompakten Cabrios kaum weniger verwindungssteif wie die Limousinen sind.

Die technische Basis des 1602 beließ Baur unverändert. Trotz der gelungenen Form und der Großserienbasis war und ist der Baur eine Rarität: Zwischen 1968 und 1971 wurden lediglich 1.692 1602-Cabrios und 1971 200 Cabrios vom 2002 fertiggestellt.

Das in Porsche-Blutorange lackierte 1602 Baur Cabrio von Dirk Schumacher ist ein besonders seltenes Stück, denn es ist der einzige Baur 1602, der seit Erstzulassung eine Doppelvergaseranlage von Alpina eingetragen hat. Auch die Porsche-Farbe ist nach Auskunft von Dirk Schumacher die originale Auslieferungsfarbe.

Er besitzt sein Schmuckstück seit 1996, nach einen Unfall im Jahre 2007 wurde das bis dahin unrestaurierte Fahrzeug komplett neu aufgebaut.

Chevrolet Corvair: Der Gleiter

Der zwischen 1959 und 1969 gebaute Corvair war die US-Antwort auf europäische Kompaktfahrzeuge wie den Käfer. Mit 4,5 Metern Länge war er nur für ­europäische Verhältnisse groß. Wie der Käfer wurde der Corvair von einem luftgekühlten Boxermotor im Heck angetrieben, der allerdings über 2,3 Liter Hub­raum und sechs Zylinder verfügte.

Der Corvair wurde als zwei- und viertürige Limousine, als viertüriger Kombi und als Cabrio gebaut. Es gab sogar einen optisch dem VW-Bus ähnelnden Kleinbus, der ­unter dem schönen Namen „Greenbrier Sportswagon“ angeboten wurde.

Im Laufe der Produktion stiegen Hub­raum und Leistung auf bis zu 2,7 Liter und 95 PS, es gab sogar eine Version mit 2,7-Liter-Turbomotor, die 180 PS auf die Hinterräder entließ. Trotz seiner für US-Verhältnisse exotischen Konzeption und der von Ralph Nader entfesselten Sicherheitsdiskussion – er veröffentlichte 1965 sein Buch „Unsafe at any Speed“, in der er den Corvair als unsicheres Fahrzeug brandmarkte – war der Corvair ein großer Erfolg: Insgesamt entstanden in zehn Jahren über zwei Millionen Corvairs aller ­Karosserievarianten.

Das rote Corvair-Cabrio, das Axel Braun zum Leservergleich mitbrachte, ist Baujahr 1962 und damit genauso alt wie sein Besitzer. Er erwarb den Wagen 1996 während einer USA-Reise eher zufällig. Der Wagen ist unrestauriert, im Laufe der Jahre wurden jedoch alle wichtigen Bauteile Zug um Zug erneuert oder überholt.

Peugeot 504: Der Dandy

Eine ganz andere Philosophie vertritt der Franzose im Trio: Der Peugeot 504 ist mit seiner von Pininfarina gestylten Karosse der Schönling, wozu die weiße Farbe gut passt. Er ist konzeptionell das modernste Auto im Vergleich, von dem zwischen 1969 und 1983 genau 8.185 Fahrzeuge entstanden.

Als Motorisierung diente dabei der bewährte Peugeot-Vierzylinder mit 1,8 Litern Hubraum und 90 PS, der ab 1970 2 Liter Hubraum sowie 101 PS besaß. Von 1974 bis 1977 erhielt der 504 den als Euromotor bekannten V6-Motor mit 144 PS.

Wolfgang Gehringer erwarb seinen weißen 504 Cabrio Baujahr 1982 als seinen ersten Neuwagen überhaupt und würde das Auto niemals hergeben: „Der 504 ist ein Familienmitglied“. Das Fahrzeug ist im Originalzustand, wurde aber immer penibel gewartet, lediglich das Dach, die Persenning und das Leder im Innenraum wurden bisher erneuert.

Der BMW im Vergleich

Für Axel Braun ist der Baur-BMW von Dieter Schumacher ein Déjà-vu-Erlebnis, denn sein zweites Auto war 1982 ein Baur-TC 2002, also der Targa-Nachfolger des Vollcabrios. Für ihn ist der BMW ein sportlicher Wagen, den man locker und sicher auch „hinten rumdriften“ lassen könnte.

Braun ist allerdings gnädig, denn „mit den alten Herrschaften gehe ich eher pfleglich um und quäle sie nicht mehr so“. Der Innenraum bietet trotz des breiten Kardantunnels besonders vorne viel Platz, hinten sei es für Personen bis 1,80 Meter auch auf längeren Strecken auszuhalten.

Die kompakte Karosserie ist für ihn sehr übersichtlich, vorne wie hinten sei das Wagenende leicht auszumachen. Armaturen und Lenkrad sind für ihn BMW-typisch, eher etwas zu nüchtern, aber übersichtlich und gut zu bedienen. Er zeigt sich begeistert von Motor und Getriebe. Das sei knackig in der Bedienung; der Motor ziehe kräftig von unten heraus mit einem kräftigen Sound, der für ihn aber zu BMW und vor allem zu den Weber-Vergaser des Alpina-Paketes gehört: „Wer den satten Sound nicht mag, sollte sich ein Elektroauto kaufen!“

Für das Fahrverhalten hat er nur Lob. Das Fahrwerk sei hart und straff mit wenig Kurvenneigung, „ein Sportauto, wie man es von einem BMW Alpina erwartet“.

Auch die guten Bremsen würden zum sicheren Fahrgefühl passen. Sein Fazit: ein tolles sportliches Cabrio in sagenhaftem Zustand, das Fahrspaß pur vermitteln würde. Wolfgang Gehringer und seine Familie stimmen Axel Braun nach der ausgiebigen Probefahrt in den meisten Punkten zu.

Auch für die Gehringers ist der BMW ein sportlicher, sehr spaßbe­tonter Wagen mit typischen BMW-Feeling. Die Sitze vorne seien sportlich und es gäbe ausreichend Platz. Die hinten mitfahrenden Kinder empfanden das Platzangebot als gut, man sitze aber – wie im Peugeot – recht hoch und damit im Fahrtwind.

Trotzdem halten sie den BMW auch für Hinterbänkler für langstreckentauglich. Wolfgang Gehringer empfindet das Cockpit als übersichtlich und sportlich, „alles sei im Blickfeld und gut bedienbar“. Der Motor habe ordentlich Leistung und Drehmoment durch die Doppelvergaser und das Getriebe sei mit seinen kurzen Schaltwegen angenehm zu schalten. Das Fahrgefühl sei „typisch BMW“, sportlich, sicher und gut.

Bei den Bremsen stellte er einen erhöhten Kraftaufwand für optimale Verzögerung fest, was aber für solch ein Auto O.K. sei. Insgesamt gefällt ihm  das BMW-Cabrio ausnehmend gut, es bereite viel Spaß beim Fahren und vor allem seine Frau würde damit „gerne mal durch die Gegend brettern, alleine schon wegen der Farbe!"

Tauschen würde beide ihr Auto nicht gegen den BMW. Axel Braun würde seinen Corvair nur gegen einen Mercedes-Oldtimer tauschen, aber das mag auch daran liegen, dass man als Daimler-Mitarbeiter den Stern schon aus Prinzip hoch hält!

Der Corvair im Vergleich

Kommen wir nun zum eigentlichen Exoten unseres Vergleiches, der Corvair. Weder Dirk Schumacher noch Wolfgang Gehringer hatten mit diesem Modell vorher Kontakt, ein spannender Moment also!

Für Wolfgang Gehringer und seine Familie ist der Corvair ein typischer Amerikaner, „verspielt und wie aus einem schönen Hollywood-Film von der Leinwand gerollt.“ Das Platzangebot vorne wie hinten sei super, „da kann man mit der ganzen Clique ins Autokino gehen“. Als weniger gut empfindet er die durchgehende vordere Sitzbank, die keinerlei Seitenhalt biete.

Für deutsche Kreisverkehre eher ungeeignet, aber perfekt zum Cruisen auf Highways. Dafür sei die Beinfreiheit größer als im Peugeot und man sitze tiefer, was beim offenen Fahren mehr Schutz vor dem Fahrtwind bieten würde. Pluspunkte erhält für ihn das Armaturenbrett, das er herrlich nostalgisch findet.

Zum entspannten Gesamteindruck des Innenraumes passe auch das weich abgestimmte Fahrwerk, das auf geraden Strecken und guten Straßen sehr komfortabel sei. Sportliche Gefühle lasse es al­lerdings nicht aufkommen, da auch die ­Lenkung viel Körpereinsatz benötige.

TEXT und FOTOS Jörn-M. Müller-Neuhaus