Ford Taunus 12 M - In Ruhe gereift
Seine 61 Jahre sieht man Manfred Palms „Weltkugel-Taunus“ wahrlich nicht an.
Gevelsberg im Bergischen Land, Sommer 1953: Der Besitzer eines Zeitschriftenhandels leistete sich den Luxus eines Neuwagens. Seine Wahl fiel auf einen Ford 12 M, wegen seines Frontemblems als „Weltkugel-Taunus“ bekannt. Ein Golde Stoffschiebedach gehörte ebenso zur bestellten Sonderausstattung wie ein Blaupunkt Radio und die Lackierung mit Metalleffekt.
Letztere war bereits drei Jahre später Geschichte: Ein unliebsamer Kontakt mit einem anderen Fahrzeug führte zu einer größeren Ausbeul-Aktion und zu einer Neulackierung des kompletten Wagens. „Die Lackiererei war offenbar nicht in der Lage, den Einschicht- Metallic-Lack zu bearbeiten.
Also bekam der Taunus eine Zweifarb-Lackierung in Uni-Farben“, berichtet Manfred Palm. In Hellgrün und Elfenbein versah der Wagen weiterhin zuverlässig seinen Dienst, bis er im Herbst 1968 bei einem Tachostand von lediglich 77.000 Kilometern ausgemustert wurde.
Langzeitquartier Hühnerstall
Manfred Palm hörte 1974 von diesem inzwischen recht raren Zweitürer. Der ausgebildete Industriekaufmann war durch seinen Bruder und einen Freund zum Fan der Kölner Autoschmiede geworden, denn beide hatten bei örtlichen Ford-Händlern ihre Lehre zum Autoschlosser gemacht.
Zu dritt schraubten sie nun in einer Hobby-Werkstatt an ihren Vehikeln. Jener Schrauberfreund war es auch, der Palm erzählte, dass auf einem Bauernhof im Westen von Hagen noch ein alter Ford herumstand. Das ließ den Mann, der seine Autofahrer- Karriere mit einem Buckel-Taunus begonnen hatte, hellhörig werden.
Die beiden machten sich auf die Suche und wurden fündig – in einem Hühnerstall! Dort stand der mehr als 20 Jahre alte 12 M. Total verdreckt, aber augenscheinlich unverbastelt. Das orginale Inspektionsheft war noch vorhanden, der Fahrzeugbrief leider nicht mehr. Bei einer ersten gründlichen Durchsicht erwies sich der Ford als erstaunlich stabil in der Substanz.
Der Motor sprang nach wenigen Startversuchen an, das Dreiganggetriebe ließ sich schalten und die Ponton-Karosserie zeigte sich verblüffend rostarm. „An dem Wagen ist bis heute nichts geschweißt worden“, betont der Ford-Fan. Mit der Instandsetzung, die in erster Linie eine Überholung der Einkreis-Bremsanlage umfasste, ließ er sich Zeit. Zweieinhalb Jahre nach dem Fund bestand der grüne Zweitürer Anfang 1977 auf Anhieb die Vollabnahme.
Ungeschweißt bis heute
Dass er da etwas sehr Seltenes hatte, war Palm schon damals klar. „Deshalb habe ich den Taunus auch nie im Alltag eingesetzt. Dafür hatte ich größere Ford vom P5 bis zum Granada. Die habe ich als Unfallwagen gekauft, hergerichtet und sie eine Weile gefahren. Dann kam der nächste.
Aber der 12 M blieb. Er hat bei mir selten Regen und weder Eis noch Salz gesehen.“ Die weiteste Tour seiner Laufbahn hat der Zweitürer im Jahr 2000, zum Treffen der Alt Ford Freunde im sauerländischen Bad Berleburg, absolviert. Das waren rund 140 Kilometer. Die fuhr Palm, seit Jahren aktives Mitglied des Vereins, über Land, denn auf der Autobahn fühlen sich der Taunus mit seinen 38 PS aus 1,2 Liter Hubraum und sein Fahrer nicht wohl.
Der wohl am originalsten erhaltene Ford 12 M
Das Ergebnis der schonenden Behandlung spricht für sich: Der „Weltkugel-Taunus“ dürfte nach mehr als sechs Jahrzehnten und etwas mehr als 120.000 Kilometer Gesamtlaufleistung der wohl am originalsten erhaltene seiner Art sein.
Die meisten der über 215.000 Exemplare des intern G13 genannten Modells, die zwischen 1952 und der Ablösung durch eine modifizierte Version ohne Weltkugel im Sommer 1959 die Werkshallen in Köln verließen, sind längst verschollen oder wurden inzwischen mindestens einmal restauriert.
Nicht so bei dem Auto von Manfred Palm: Lack und Chrom tragen ihre Patina in Würde, aber es sieht nichts auch nur entfernt gammelig aus. Lediglich die Außenhaut des Stofffaltdachs hat Palm vor einigen Jahren erneuert. „Aber eben nur außen“, wie er betont, „der Innenhimmel ist immer noch original.“
So wird er auch weiterhin in der Saison unterwegs sein, meistens zu Oldtimer-Veranstaltungen in der Umgebung und oftmals begleitet von seinem Sohn Markus. Der ist nämlich längst angesteckt von der Begeisterung für den alten Ford, den er liebevoll „Oma“ nennt.