Die Lademeister von Audi, Citroën und Mercedes-Benz

Wer einen Klassiker fahren möchte und trotzdem Alltagstauglichkeit und vor allem viel Platz erwartet, ist mit einem klassischen Kombi oft gut bedient. AUTO CLASSIC stellt mit dem Audi 100 L 5S Avant, dem Citroën DS 21 Break und dem Mercedes-Benz 200T drei populäre Lademeister vor und zeigt ihre Stärken und Schwächen.

 
Audi 100 5S Avant (C2), Citroën DS 21 Break, Mercedes-Benz 200T (W 123) © Foto: Stefan Victor
Audi 100 5S Avant (C2), Citroën DS 21 Break, Mercedes-Benz 200T (W 123)

Bis weit in die 70er-Jahre hinein war ein Kombi ein Arbeitsgerät und kein Fahrzeug, mit dem man seinen Nachbarn, Kollegen und Freunden zeigen konnte, wie weit man es gebracht hatte in Sachen Automobilprestige. Kombis wurden von Handwerkern gefahren, von Handelsvertretern, Großfamilien und anderen, die viel und oft vollbeladen auf Achse waren. Die Autos wurden meist wenig geschont und wanderten auf den Schrott, sobald sie alt und gebrechlich wurden – kein Wunder, dass Kombis mittlerweile unter allen Karosserieformen zu den klassischen Raritäten zählen.

Unsere drei Lademeister könnten unterschiedlicher nicht sein. Die einzige Gemeinsamkeit: Alle bieten sie Platz für fünf Personen und viel Gepäck. Der Audi 100 5E Avant ist mit seinem Schrägheck kein „echter“ Kombi, hat aber dennoch viel Ladekapazität. Der sachliche Ingolstädter gefällt mit Frontantrieb, fünf Türen und ebenso vielen Zylindern unter der vorderen Haube.

Die Citroën DS 21 Break – französische Autos sind weiblich! – bietet Platz für eine Großfamilie, den Komfort einer Sänfte und ein heute noch ungewöhnliches Design. Und der Mercedes 200T ist der Kombi mit Luxustouch; dieses Modell hat in Deutschland mit dazu beigetragen, den Kombi als Karosserieform zu etablieren, mit der man auch ins Büro und in die Oper fahren kann.

Audi 100 L 5S Avant

Der legendäre Ludwig Kraus entwickelt in seiner Freizeit ohne Wissen der Volkswagen-Mutter den später überaus erfolgreichen ersten Audi 100 (C1). Ferdinand Piëch übernahm 1973 das Technikressort bei den Ingolstädtern. Seine erste Neuentwicklung war der C2. 1976 steht der kantige Viertürer in den Audi-Verkaufsräumen. Mit dem Typ 43 (C2) begann der sagenhafte Aufstieg der Marke ins Premiumsegment. Piëchs Leidenschaft galt nicht erst seit seiner Zeit bei Porsche dem Leichtbau.

Die Folge waren gerade mal 1.100 Kilogramm Leergewicht. Zunächst als Viertürer präsentiert, gab es ab Februar 1977 auch einen weniger erfolgreichen Zweitürer. Gefälliger war ein halbes Jahr später der Avant mit großer Heckklappe, der allerdings mit gerade knapp 50.000 verkauften Exemplaren auch kein Megaerfolg war.

Zwei drehfreudige Vierzylinder (mit 1,6- oder zwei Liter Hubraum) mit 85 und 115 PS werden zunächst angeboten. 1977 folgt ein motorischer Paukenschlag: Im 5E arbeitet nun ein 2,2-Liter-Fünfzylinder-Reihenmotor mit munteren 136 PS. Im April des Folgejahrs kommt der gleiche Motor mit durs­tigem Registervergaser statt sparsamer K-Jetronic, der im sogenannten 5S 115 Pferde an die Vorderachse liefert. 1978 folgt ein fünf­zylindriger Diesel mit 70 PS.

Erst 1981, kurz vor Bauende, erstarken auch die Diesel-Fünfender dank Turbolader auf 87 PS und bescheren dem leichten Audi 100 respektable und sparsamste Fahrleistungen. Die Fünfzylinder waren ebenfalls auf Initiative des genialen Technikers Piëch entstanden. Bereits bei Porsche hatte er in der externen Auftragsabteilung Fünfzylinder-Reihenmotoren (bei Nutzfahrzeugen) als Alternative zu schwereren und teureren Sechszylindern kennen- und schätzen gelernt. Diese Erkenntnisse wanderten in die Entwicklung eines Fünfzylinder-Diesels für Mercedes (240 D 3.0) und, bei Audi, in die 5S-, 5E- und 5D-Antriebe.

Die Audi-Verkaufsabteilung hat feine Unterscheidungsmerkmale in die Preisliste geschrieben – erkennbar am Heckschriftzug. L oder GL beziehen sich stets auf die Ausstattung, wobei Letztere an der getönten Verglasung von außen erkennbar ist. Der Zusatz S verrät immer ein Plus an Leistung. Ein LS hat also die Luxusausstattung mit dem stärkeren Antrieb. Steht ein G davor, ziert gar feinstes Velours die Schaumstoffpolster.

Eine besonders attraktive Variante stellen die 1978 vorgestellten CD-Modelle dar, die mit elektrischen Fensterhebern, Alufelgen, Servolenkung, Colorverglasung, Metalliclack und pneumatischer Zentralverriegelung erfolgreich gegen die Konkurrenz aus München und Stuttgart fahren. Im Sommer 1978 verschwindet dann das Surren beim Rangieren, weil auch der Rückwärtsgang nun synchronisiert ist.

1979 erfolgt eine Modellpflege mit neuen Stoßfängern und, erstmals bei einem PKW, weißen Blinkergläsern vorn. Das Zweikreisbremssystem war da schon längst Serie. Im Spätsommer 1982 steht der Nachfolger (Typ 44) bereit. Über 900.000 produzierte C2 beweisen, dass Technikvorstand Piëch in seinen Bemühungen, die Marke Audi nach oben zu positionieren, goldrichtig lag.

Der hier gezeigte Avant L 5S gehört Ralf Pfister, der Werkstattbetreiber und Kfz-Meister hält noch drei weitere C2 am Laufen.

Seinen malaga-roten Avant verbesserte er mit den edlen Velourspolstern einer teureren GL-Ausstattung. Der Gebrauchswagen hat 90.000 Kilometer auf dem Zähler, 15.000 davon hat der 45-jährige Erlanger in den letzten fünf Jahren selbst zurückgelegt. „Die Auspuffanlagen sind nicht besonders haltbar, und der Rost setzt den frühen Audi C2 heftig zu“, bemerkt Pfister.  Ansonsten vermeldet er, „sei die Technik weitgehend anspruchslos.“

Zwar zeigt die Karosserie wenig Rost, doch das Interieur kann sein Alter nicht verhehlen: Der Armaturenträger ist stellenweise eingerissen, und beim Gaswegnehmen bläut es aus dem Endrohr. Ein Zeichen verschlissener Ventilschaftdichtungen. Ansonsten ist dieser rare Avant in passablem Zustand und angesichts der Seltenheit dieser Modelle absolut  erhaltungswürdig.

Citroën DS 21 Break

Die Göttin steht stellvertretend wie das Concorde-Überschallflugzeug und die TGV-Schnellzüge für den Stolz der Grande Nation. Ein Höhepunkt der DS-Entwicklung – neben den ultrararen Cabrios – ist der Kombi, der in Frankreich stets Break heißt. 1958, auf dem Pariser Autosalon, zeigt die Marke mit dem Doppelwinkel die Variante mit den zwei Heckklappen, die allerdings erst 1959 auf dem Markt erscheint. Und der Break wird mit über zwei Metern Ladefläche zum Erfolg. Serienmäßig mit Gepäckträger auf dem stählernen Dach (die Limousinen haben stets ein Kunststoffdach, das anfangs unlackiert und damit transluzent wie ein Glasdach war) gibt es vier Modelle: Break (mit Klappsitzen im Kofferraum), Commerciale (ohne Zusatzsitze hinten), Familiale (sieben Plätze, Klappsitze in der Mitte) und eine Krankenwagenversion namens Ambulance, die bei uns keine Rolle spielt. Alle ab 1959 in Deutschland erhältlichen Kombiversionen kosten 12.100 Mark, gut 3.000 Mark mehr als der Wellblech-Lieferwagen HY und gar dreimal so viel wie die günstigste 2 CV mit mageren 12 PS. Immerhin zwanzig Jahre bleibt „La Déesse” im Programm, wird in dieser Zeit allerdings dreifach grundlegend renoviert.

Das Einstiegsmodell der ersten Serie (bis 1962) ist die ID 19 mit 1,9 Liter Hubraum und etwas asthmatischen 66 PS (die DS 19 leistet 75 PS). Wesentlicher Unterschied zwischen ID und DS: Beide haben die hydraulische Federung, jedoch müssen die ID ohne Hydraulik in Lenkung und Schaltung auskommen. Außerdem besitzen die ID stets ein konventionelles Bremspedal. Und: Frühe ID haben das „gerade“ Armaturenbrett, die DS beherbergt die Instrumente in einer geschwungenen Version. Bereits im Mai 1957 ändern die französischen Ingenieure die DS-Front, nun in lackiertem Stahl- statt Alublech. Anfang 1958 wandert das einfache Endrohr von der Mitte im Wagenheck auf die linke Seite und mutiert zum optisch sportlichen Doppelauspuff. Ein Jahr später verschwindet die vordere Abschleppöse, dafür verlängern sich die hinteren Kotflügel. 1959 ist dann schließlich der Break verfügbar. Und obwohl der Kombi länger als seine Limousinen-Schwester ist, bleibt der Radstand gleich.

Der Vorteil: Die Portale des Viertürers können auch beim Modell mit Heckklappen verwendet werden. Allerdings sind die hinteren Scheiben am Kombi höher. Die Lademeis­ter sind zwar nominell immer etwas magerer ausgestattete ID-Modelle, dennoch sind sie mit der Druckknopfbremse der DS ausgestattet. Im Frühjahr 1961 erstarken die etwas schwächlichen Motoren, statt 75 PS ziehen nun 83 Pferde an den Vorderrädern. Die deutsche Norm weist diese modellgepflegten Modelle mit 80 PS aus, was immerhin für 150 Kilometer Spitze reicht.

Mit einem außergewöhnlichen Standdesign auf dem Pariser Salon überrascht Citroën 1962 schließlich die Besucher. Einer startbereiten Rakete gleich, wurde eine Limousinen-Karosserie (mit glattem Unterboden, ohne Räder) senkrecht zur Schau gestellt. Ein Foto einer offensichtlich betenden Schwester, die diese Skulptur andächtig bewundert, geht damals werbeträchtig um die Welt. So stellen die Franzosen selbstbewusst die neue Front ihrer vierrädrigen Sänfte vor. Nun schützen serienmäßig Gummipuffer den Edelstahl-Stoßfänger, gleichzeitig zeigt die aerodynamisch überarbeitete Schnauze sich derart geliftet, dass bei gleicher Motorleistung die Höchst­geschwindig- keit auf sagenhafte 160 Stundenkilometer ansteigt.

Ab Frühjahr 1963 schließlich können auch ID-Piloten die Servolenkhilfe gegen Aufpreis ordern. Ende des Jahres 1965 sind erstmals zwei Antriebe erhältlich. Die DS 21 mit 2,1-Liter-Motor bietet angemessene 100 PS, der DS 19 schöpft 84 PS aus zwei Litern. Interessanterweise hat sich Citroën offiziell nie dazu durchringen können, den DS-Modellen einen Sechszylinder einzupflanzen. Mancher zeit­genös­sische „Tuner“ setzte daher kurzerhand einen Sechszylinder aus dem Traction Avant oder dem Citroën SM ein.

Als Ende 1967 die Studenten beginnen aufzubegehren, reagiert Citroën mit einer eigenen Revolution und zeigt das dritte und letzte Gesicht der Göttin – nun mit Doppellampen hinter Glas. Clou der Doppelaugen sind die mitlenkenden Fernscheinwerfer, die das adaptive Kurvenlicht heutiger Autohersteller um Jahrzehnte vorwegnehmen. Im Februar des Folgejahres kann die ID-Break auch mit der hydraulischen Schaltung (stets nur mit vier Gängen) der DS ausgestattet werden. Im Herbst 1969 wird das Interieur von ID und DS angeglichen und beide Versionen erhalten den Armaturenträger mit drei Rundinstrumenten und hören nun auf den Namen D-Modell. Basis ist jetzt die D Spécial mit 78 PS, die D Super leistet 90 und die DS 21ie (nur Limousine) mit D-Jetronic von Bosch stellt muntere 120 PS unter der langen Alu-Motorhaube bereit. 1972 erhalten die D-Modelle glatte Türgriffe, und ein Jahr später erscheinen die Break als DS 20 und DS 23 mit bis zu 110 PS. Im Jahr 1974 zeigen die Franzosen dann den Nachfolger CX. Insgesamt sollen bis zum Produktionsende 1975 rund 1,5 Millionen D-Modelle, davon gut 94.000 Kombis, gebaut worden sein.

Audi 100 5S Avant (C2), Citroën DS 21 Break, Mercedes-Benz 200T (W 123)
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