Schnäppchen-Jagd

Youngtimer der 1.000-Euro-Klasse

Schon für rund 1.000 Euro gibt es in Kleinanzeigen und im Internet viele Angebote: Modelle der 60-Jahre wie BMW 700 oder VW Käfer ebenso wie Ford Taunus der 70er. Vor allem die 80er-Semester sind üppig vertreten.

 
Die Auswahl in der „1.000-Euro-Klasse“ ist groß, aber man muss genau hinschauen, um nicht reinzufallen. © Michael Printz
Die Auswahl in der „1.000-Euro-Klasse“ ist groß, aber man muss genau hinschauen, um nicht reinzufallen.

Was soll es sein für das eingeplante Spaßbudget im 1.000-Euro-Bereich? Ein 1979er-Citroën CX als Exbestatter vielleicht? Passt immerhin viel rein in so einen ausgemusterten Leichenwagen, eine glatte Liegefläche zum Übernachten bei Veranstaltungen hat er auch, und man fällt damit auf. Aber das angebotene Exemplar hat leider einen Getriebeschaden und ist daher nicht fahrbereit.

Ein Golf Cabrio wäre eine Alternative, gerade jetzt im Sommer! Zu den Angeboten zählt ein „Erdbeerkörbchen“ aus der Mitte der 80er-Jahre. Zunächst fabuliert der Anbieter etwas von „Topzustand“. Im weiteren Verlauf des Gesprächs gibt er aber zu, dass unter anderem der linke Schweller (gemeint ist wohl die Kunststoffverbreiterung unterhalb der Tür, die bei den späten Modellen Serie war) fehlt.

Außerdem hat das Verdeck zwei Risse. Da kann man nur auf einen regenfreien Sommer hoffen – oder eine vierstellige Summe zusätzlich zum Kaufpreis investieren.

Dann könnte es vielleicht ein Opel Monza werden. Das inserierte Coupé stammt aus der finalen Baureihe und war – zusammen mit der Stufenheck-Version Senator – der letzte Versuch von Opel, in der Oberklasse einen Fuß in die Tür zu bekommen. 140 PS aus sechs Zylindern versprechen Fahrspaß, die Schweißarbeiten sind nach der Beschreibung des Verkäufers überschaubar – aber leider findet er derzeit die Papiere nicht. So ein Schussel ...

Augen auf beim Schnäppchenkauf!

Diese wenigen Beispiele zeigen, welche Fußangeln bei den Angeboten lauern können. Ein erheblicher Teil der Angebote im Segment um 1.000 Euro erweist sich bei näherer Betrachtung als Bastelobjekt. Hinweise wie „Funktion konnte nicht geprüft werden“ oder „lief bis zur Abmeldung gut“ (und jetzt?) sind eindeutige Warnhinweise. Dabei reicht die Fabulierkunst mancher Autoverkäufer an jene der Gebrüder Grimm heran.

Der Autor entsinnt sich mit Schrecken eines Citroën BX, der nach Aussage der Werkstatt für den TÜV nur ein paar neue Reifen brauchte, wie es seinerzeit im Inserat hieß. In Wahrheit entpuppte sich der Wagen aufgrund gerissener Hydraulikleitungen als Zeitbombe auf Rädern: Die Wirkung wäre bei einer längeren Fahrt dieselbe gewesen wie bei angeschnittenen Bremsschläuchen.

Überhaupt: Die Hauptuntersuchung! Natürlich ist eine bestandene HU nicht das höchste der Qualitätskriterien, doch bedeutet sie immerhin zweierlei: Das Fahrzeug wurde – so sollte man zumindest annehmen – auf seine Verkehrstauglichkeit geprüft, und man kann es problemlos zulassen. Das setzt natürlich wiederum ­voraus, dass die Fahrzeugpapiere (also Fahrzeugbrief und -schein respektive EU-Zulassungsbescheinigung Teil I und II) vollständig vorhanden sind.

Fahrzeuge ohne Papiere zu kaufen, hat sich schon oft im Nachhinein als problematisch erwiesen, wenn plötzlich ein Dritter Besitzansprüche angemeldet hat. Und dass der Dreier-BMW der Ur-Baureihe mit 50.000 Kilometern auf dem Tacho für 1.500 Euro, der leider noch in Rumänien steht, nach Vorabzahlung des Kaufpreises per Western Union binnen einer Woche vor die Tür des Käufers geliefert wird, glaubt wohl nicht mal mehr Häppken Dösig aus Trotteltal.

Die Qual der Wahl

Welches Fahrzeug aber soll der Interessent nun kaufen? Was im Preissegment bis 2.000 Euro an fahrbereiten und zulassungsfähigen Youngtimern oder Oldies angeboten wird, wurde zumeist in den 80er-Jahren gebaut. Für viele Oldtimerfans ist es schwierig, die Autos dieser Zeit als die kommende Klassikergeneration zu akzeptieren.

Die einen sehen sie als Verbrauchswagen, mit denen der windkanaluniformierte Einheitsbrei begann und um die es deshalb nicht schade ist. Die anderen erinnern sich an den Kauf des ersten Neuwagens, nachdem man in den Jahren zuvor nur alte Schüsseln gefahren hatte. Und ein Wagen, den man seinerzeit neu erworben hat, kann niemals ein Oldtimer sein, denn dann müsste man ja zugeben, selbst ebenfalls alt geworden zu sein, oder?

Eine Gruppe von Interessenten aber wird diesen Fahrzeugen die Treue halten: Die „Generation Golf“, die mit diesen Fahrzeugen ihre Kindheitserinnerungen verbindet. Und diesen geht es nun so wie den alten Oldtimerhasen vor Jahrzehnten auch: Sie wollen, oft mit einem schmalen Budget, sich noch einmal an den Fahrzeugen ihrer Kindheit und Jugend erfreuen. Da kommen solche Schnäppchen gerade recht – wenn es denn wirklich welche sind!

Das muss nicht immer der Fall sein, auch nicht, wenn die entsprechende Baureihe jahrelang den Ruf des billigen, weil massenhaft verfügbare, Einsteigerprodukts hatte. Das trifft zum Beispiel auf die Ente zu, die immerhin bis Anfang der 90er-Jahre gebaut wurde. Heute ist kaum noch ein Exemplar ohne voll verzinktes neues Fahrgestell im Angebot, und die meisten sind bei dieser Gelegenheit gleich komplett restauriert worden.

Die Billiggurke aus der Studentenzeit ist also heute nur noch für den erschwinglich, der aus seinem erfolgreichen Studium einen gut dotierten Posten generiert hat. Ähnlich steht es um den VW-Bulli. Damit ist nicht nur der Ur-Typ T1 gemeint, der längst in fünfstellige Regionen ­vorgestoßen ist, sondern auch seine heck­getriebenen Nachfolger mit ungeteilter Frontscheibe.

Selbst gut erhaltene Exemplare der kantigen T3-Serie steigen inzwischen im Wert. Ähnliches trifft auf den Käfer zu, bei dem sogar gut erhaltene Stücke aus mexikanischer Produktion inzwischen vermehrt in Liebhaberhände gelangen.

Schnäppchen sind möglich!

Wer aber nicht auf eine bestimmte Marke oder gar einen speziellen Fahrzeugtyp festgelegt ist, kann durchaus noch im Billigsegment fündig werden. Längere Stilllegungszeiten sind inzwischen kein besonderes bürokratisches Hindernis mehr. Die Zeiten, in denen ein Fahrzeugbrief nach anderthalb Jahren seine Gültigkeit verlor und eine teure Vollabnahme nach § 21 StVZO beim TÜV fällig wurde, sind zum Glück seit Inkrafttreten der Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) Geschichte.

Dennoch ist bei einem Wagen, der lange stillgelegt war, zunächst Vorsicht geboten. Vor allem der technische Zustand verdient besonderes Augenmerk. Klebt die Kupplung? Sind die Bremsen frei oder eher schwergängig? Wie sehen die Reifen aus, haben die Flanken Risse? Sind alle Betriebsflüssigkeiten in ausreichendem Maß vorhanden und sehen sie einwandfrei aus? Springt der Motor an, lassen sich die Gänge durchschalten? Wenn sich alle diese Fragen positiv beantworten lassen, ist das schon mal eine recht positive Bilanz.

Vor allem aber sollte das Fahrzeug, für das man sich am Ende entscheidet, einem ein gutes Bauchgefühl vermitteln. Wenn man den eigenen Youngtimer hinterher gern pilotiert und jede Fahrt zu einer kleinen Zeitreise wird, dann ist es gleichgültig, ob es sich um einen als Volvo 66 verkleideten DAF oder um einen Ford Granada mit 2,8-Liter-Motor und Ghia-Luxusausstattung handelt. Hauptsache, er macht ein bisschen glücklicher!

Text: Michael Grote FOTOS: Michael Printz

Fotos: Michael Printz
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