Schnäppchen-Jagd im Ausland

Oldtimerimport ohne Stress

Wenn der Dollar schwächelt, das Britische Pfund kränkelt, also dann, wenn der Euro vergleichsweise stark ist, lohnt der Oldtimer-Kauf in fernen Gefilden. Doch nicht immer ist der Import ganz einfach. AUTO CLASSIC zeigt, wie der Kauf im Ausland reibungslos klappt.

 
Nicht nur prachtvolle Straßenkreuzer sind in den USA günstiger als in Europa © Stefan Viktor, Gamma_Man, Jörn Müller-Neuhaus
Nicht nur prachtvolle Straßenkreuzer sind in den USA günstiger als in Europa

Es gibt verschiedene Gründe, sich im Ausland nach einem Klassiker umzuschauen. Ein starker Euro ist nur einer davon: Auch die örtliche Marktlage kann von Vorteil sein. So wurden traditionell fast 50 Prozent aller Porsche 911 oder Mercedes SL in die USA ausgeliefert.

Angebot und Nachfrage regeln den Preis. In den Vereinigten Staaten ist der Markt größer als in Deutschland, der Preisvorteil also auf unserer Seite. Vor dem Kauf steht natürlich die Suche. Zeitschriften wie PRACTICAL Classics oder für USA-Importe das Anzeigenblatt „Hemmings“ findet man in der Bahnhofsbücherei.

Noch bequemer: das Internet. Seiten wie Hemmings.Com oder Autotrader.Co.UK, aber auch heimische Portale wie Mobile.de oder Autoscout24.de bieten eine große Auswahl. Doch ein unbesehener Kauf oder ein Spontankauf hat seine Tücken. Selbst dann, wenn man sich ausgesprochen gut mit diesem Typen auskennt.

Wenn eine persönliche Besichtigung nicht möglich ist, sollte man vor Ort unbedingt nach einem vertrauenswürdigen Experten suchen, der das Wunschobjekt ausgiebig begutachtet, verlassen Sie sich nicht auf zweifelhafte Gutachten, die der Käufer vielleicht selbst anbietet!

Wir flogen in die USA, um einen Porsche 911 zu kaufen. Nach längerer Internetrecherche fiel die Wahl auf eines der letzten echten Targa-Modelle der Baureihe 964. Das Auto steht in New Jersey, ist aus erster Hand und wurde 1991 von Carol und Barry im Werk Zuffenhausen abgeholt.

Nach einem Kurzurlaub in Kitzbühel wurde der schwarze Elfer in die USA verschifft. Dort fuhr er 117.000 Meilen, bis wir kamen. Mit einem Mietwagen erreichen wir New Jersey. Das Paar mit Hund begrüßt die Besucher herzlich. „Wir haben ihn Bucky getauft, weil er über die Jahre viele Bucks, also Dollar verschlungen hat“, erzählt Carol.

Der erste Blick: Der Exil-Zuffenhausener steht recht gut da. Kein Rost um den Scheibenrahmen vorn. Und bis auf die Klimaanlage funktioniert auch alles. Ein Blick in Koffer- und Motorraum: keine Unfallschäden. Die Front zeigt jedoch Steinschläge, die auf den Fotos im Internet nicht erkennbar waren.

Auch die Delle neben dem linken Scheinwerfer war nicht zu sehen Die Innenausstattung ist etwas verwohnt: Der rissige Fahrersitz wurde in Teilen schon mal neu bezogen, auf der Beifahrerlehne ist ein Fleck. Im Fond sind an der Hutablage und dem linken Sicherheitsgurt Kratzspuren, vom Familienhund, wie die Besitzer bestätigen.

Zwischenbilanz nach der Probefahrt: Nicht ganz so schön wie auf den Fotos und nicht ganz so gut wie ein Ersthandwagen normalerweise aussieht. Aber: Der Motor läuft rund, das Getriebe ist knackig wie am ersten Tag – dieser Porsche ist unverbastelt und komplett.

Zwischentitel

Bei kühler Limonade im Haus zeigen Carol und Barry dann einen Stapel mit Rechnungen, Prospekten und die Originalquittung über 61.000 US-Dollar. Ein Blick ins Scheckheft: Bis 45.000 Meilen ist es beim Porsche-Dealer geführt worden, jeder Stempel im Wartungsheft ist locker 1.000 Dollar wert.

Die Preisverhandlungen sind zäh, 19.000 Dollar sind gefordert, wir bieten 17 Riesen. Bedenkzeit, wir fahren ins Hotel. Am nächsten Tag rufen wir an: Nachdem alle Mängel nochmals taktisch aufgezählt sind, versprechen wir, wenn Bucky wieder in seiner schwäbischen Heimat ist, schicken wir ein Foto vom Wagen vorm neuen Porsche Museum.

Schließlich bieten wir 17.500 Dollar, und Barry sagt: „Okay.“ Wir überweisen 13.500 Euro per Banktransfer (dauert etwa drei Tage). Nachdem das Geld gutgeschrieben ist, fahren wir zu Barry und Carol. Wir erhalten den Title, den amerikanischen Fahrzeugbrief. Ein letzter Blick, stimmt die Fahrgestellnummer auch? Klar für den Kaufvertrag.

Im Internet finden wir eine Spedition, die den schwarzen Schwaben heimbringt. Auf schwimmenden Parkhäusern, RoRo-Schiffe genannt, kostet der Trip nach Hamburg etwa 1.500 Bucks. Wir entscheiden uns für den vermeintlich sicheren Transport im 20-Fuß-Container, in der der 911er für gut 2.100 Dollar seine Seereise antritt.

Zur Sicherheit schließen wir eine Transportversicherung (350 US-Dollar) ab. Eine Mail des Shippers informiert über Verlade- und Ankunftstermin sowie den Schiffsnamen, „OCL-Netherlands“. Per GPS lässt sich über Vesseltracker.com die aktuelle Position des Frachters verfolgen. Nach anderthalb Wochen soll er in Hamburg landen.

Da der Container im vollautomatisierten Terminal in Altenwerder abgeladen wird, benötigen wir noch eine lokale Spedition. Für rund 400 Euro transportieren die freundlichen Logistiker der Firma Fenthols den Container zu sich auf den Betriebshof und besorgen alle Formalitäten. Neben den Gebühren sind noch Zoll und Einfuhrumsatzsteuer fällig, die vorab überwiesen werden müssen.

Kalte Dusche beim Import

Anruf von Fenthols bringt dann Ernüchterung: „Ihr Auto ist hier, aber im Innenraum steht Wasser.“ Die Teppiche triefen, das Interieur ist grünlich verschimmelt. Die Batterie ist leer, alle Startversuche scheitern. Also: Abschleppen zum Hamburger Teil der Familie, Schaden begutachten.

Diagnose: geöffnete Scheiben in Verbindung mit heftigem Regen haben vermutlich den Innenraum geflutet. Folge: Kurzschluss, denn die elektronischen Steuergeräte sind beim 911 unter den Vordersitzen montiert. Wir schleppen den tropfenden Targa zu den Porsche-Spezialisten Oettinger & Wilde im Hamburgischen Bramfeld.

Zwei Tage und einige gebrauchte Steuergeräte später läuft er wieder. Nach einer Grundreinigung kann man sich sogar wieder reinsetzen. Gut, dass wir eine Versicherung abgeschlossen haben! Doch die Regulierung ist zäh. Derweil fangen wir mit der ­Umrüstung für die deutsche Zulassung an.

Beim 964 bedeutet das: Scheinwerfer tauschen (pro Stück 200 Euro), dann ist noch der Umbau des Leuchtbandes im Heck für die Nebelschlusslampen ­nötig (Kabelsatz gebraucht für 40 Euro). Zudem muss die Lichtschaltung umgesteckt und müssen die US-typischen Positionslampen abgeklemmt werden. Das Ganze erledigen wir in Eigenregie. Der Sicherheit wegen montieren wir schließlich noch neue Reifen. Macht zusammen 1.000 Euro.

Zeit für die Bilanz

Kaufpreis, Transport, Versicherung, Handling, Zoll, Steuer, Umrüstkosten und TÜV machen gut 21.500 Euro, bis der 911er in Deutschland zugelassen ist. Weil er 1991 schon in Deutschland gemeldet war, brauchen wir kein 120-Euro-Datenblatt von Porsche. Der aktuelle Wert liegt bei 25.000 Euro, das klingt nach einem guten Geschäft – den Wasserschlag nicht mitgerechnet.

Doch ob die Versicherung den Schaden wirklich reguliert und in welchem Umfang, ist bis heute noch offen. Demnächst fahren wir jedenfalls nach Zuffenhausen und machen ein Foto von Bucky am Porsche Museum. Das haben wir Carol und Barry ja schließlich versprochen.

TEXT: Stefan Viktor, FOTOS: Stefan Viktor, Gamma_Man, Jörn Müller-Neuhaus
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