Brasilianer auf DKW-Basis

DKW Malzoni GT: Ein bildhübsches Coupé

Was sieht aus wie ein eingelaufener Ferrari 250, macht „rengg-dängg-dängg“ und wurde nur 35mal gebaut? Richtig: der Malzoni GT, ein bildhübsches Coupé, das in den 60ern in Brasilien auf DKW-Basis entstand! Eines davon steht nun im AUDI-Museum in Ingolstadt.

 
Der Malzoni GT © Jörn Müller-Neuhaus
Der Malzoni GT

Vermutlich wird in Zukunft in den Nennlisten großer Rallyes gelegentlich auch ein von AUDI Tradition gemeldetes Fahrzeug mit Namen „Malzoni GT“ auftauchen – ein aus Brasilien stammendes Coupé. Was das mit Audi zu tun hat? Sehr viel, denn die Technik des hübschen Coupés stammt von DKW.

Des Rätsels Lösung: Zwischen 1957 und 1967 wurden in Brasilien von der Firma VEMAG, an der die Auto Union mit 50 Prozent beteiligt war, etwa 115.000 DKW-Fahrzeuge in Lizenz gebaut, hauptsächlich die Typen Belcar (DKW 1000), Vemaguet (DKW Universal) und Candango (DKW Munga). Und der Malzoni?

Geduld! Der ist das Kind des brasilianischen Hobby-Rennfahrers und Lebemannes Genaro „Rino“ Malzoni. Malzonis Familie war mit Zuckerrohr, Kaffee und einer  Bank reich geworden, Geld spielte für den damals jungen Mann keine Rolle. Er träumte von einem hübschen kleinen Coupé, mit dem er am Wochenende Rennen fahren und im Alltag die Mädchen beeindrucken konnte. Das Design  seines Traumwagens entwarf Malzoni selbst, und als technische Basis entschied er sich für DKW. Die Marke war in Brasilien damals sehr populär und konnte auch in der Rennszene Erfolge aufweisen.

Zeitlos schön

Beim Karosseriedesign bediente Malzoni sich an europäischen Vorbildern und übernahm die Formensprache von Pininfarina und anderen italienischen Designern. Das gelang ihm ausnehmend gut: Der Malzoni GT überzeugte mit gelungenen Proportionen, die mit den hinter Glas versenkten Frontscheinwerfern und dem kantigen Heck mit Abrisskante natürlich rein zufällig  auch ein wenig an den Ferrari GTO erinnerten! Provokant gesagt: Die Form des Malzoni GT ist für viele Betrachter zeitloser und harmonischer als die des DKW Monza!

Malzoni soll seinen Entwurf den DKW- Vemag-Verantwortlichen im Laufe eines Barbecue gezeigt haben, und die waren so begeistert, dass sie von der kurz danach gestarteten Produktion drei Exemplare für die eigene Rennabteilung erwarben und außerdem Malzoni bei der Produktion des Coupés unter die Arme griffen, das 1964 als GT Malzoni auf den brasilianischen Markt kam.

Die Karosserie ließ Rino Malzoni in seiner Firma Luminari produzieren – aus GFK und in Handarbeit. Dabei wurde auf ein stützendes Stahlskelett verzichtet, die Kunststoffkarosse war in sich stabil genug. Kein Wunder, denn das Kunstharzgewebe wurde teilweise in fingerdicken Schichten verarbeitet!

Die Montage der Mechanik auf einem gekürzten DKW-Fahrgestell übernahm das Werk, die so produzierten Coupés durften offiziell das DKW-Logo tragen und wurden ganz offiziell über das VEMAG-Händlernetz angeboten.

Die waren zwar sicherlich von der Form des hübsches Neuzuganges begeis-tert, ahnten aber wohl schon, dass der rasante Sportler viel zu teuer war, um ein echter Verkaufserfolg werden zu können. Sie sollten Recht behalten: Nach nur einem Jahr, in dem gerade einmal 35 Malzoni GTs verkauft wurden, stoppte Rino Malzoni die Produktion seines Traumwagens.

Das bedeutete allerdings nicht das Ende seiner Produzentenlaufbahn, denn unter dem Namen Puma wurden unter seiner Führung bis in die 90er-Jahre hinein Coupés und Cabrios gebaut. Zunächst mit VW-Technik – die Puma-Coupés und Cabrios wurden auch in Deutschland in geringen Stückzahlen verkauft. 1974 stieg Puma um auf GM-Technik, weil die nötigen VW-Baugruppen nicht mehr lieferbar waren.

Brasilianische Rennlegende

Zurück zum Malzoni GT! Der war trotz seiner geringen Stückzahlen vor allem auf der Rennstrecke in Brasilien erfolgreich und ist dort heute eine Klassikerlegende vom Range eines Ferrrari. Dies auch deshalb, weil die spätere brasilianische Formel-1-Legende mit einem Malzoni GT 1966 fast die „Mil Milhas“, die tausend Meilen von Interlagos gewann: Gemeinsam mit seinem Fahrerkollegen Jan Balder dominierten sie das Rennen, bis drei Runden vor Schluss die Technik aufgab und der tapfere DKW sich auf zwei Zylindern als Dritter ins Ziel schleppen musste. Dass sie dabei diverse leistungsstärkere Rennwagen hinter sich ließen, ist wohl auch des geringen Gewichtes und der erstaunlich guten Strassenlage des mit einem serienmäßigen DKW-Fahrwerk bestückten weißen Malzoni GT, der heute einem brasilianischen Sammler gehört, zu verdanken.

Der Malzoni GT, der bei AUDI in Ingolstadt seine neue Heimat fand, wurde aus einem Wrack wieder hergestellt, das der brasilianische Malzoni-Experte Rodrigo Theise für AUDI restaurierte. Da nur etwa ein Dutzend überlebende Malzoni GT in Brasilien bekannt sind, war es nicht einfach, überhaupt ein Fahrzeug für AUDI zu finden, denn die Besitzer der gut res-taurierten Exemplare trennen sich nicht mehr von ihren Schätzen.

Es dauerte einige Zeit, bis die vollkommen marode Karosse an einem Fluss liegend entdeckt wurde. Mittlerweile erinnert nichts mehr an die traurige Vergangenheit des Prachtstückes, das in Zukunft nicht nur die Besucher des AUDI-Forums erfreuen soll, sondern auch auf Oldtimer-Veranstaltungen zu sehen und hören sein wird. Renggg-Dängg-Dängg!!

TEXT und FOTOS: Jörn Müller-Neuhaus
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