Bremsen entlüften
Bremsendienst: Korrekt auf der Hebebühne gesichert, ist das Entlüften der Bremsen für erfahrene Hobbyschrauber kein Hexenwerk.
Spätestens alle zwei Jahre muss die Bremsflüssigkeit gewechselt werden – unabhängig davon, ob das Klassikschätzchen viel bewegt wurde oder unter dem Paletot im Schuppen stand. Denn Bremsflüssigkeit zieht aus der Luft Feuchtigkeit an (etwa über die Bremsschläuche oder die Dichtung des Vorratsbehälters) – und zwar sowohl im Stand wie während der Fahrt.
Wenn die Bremsanlage stark belastet und somit heiß wird (etwa beim Stop-and-Go-Verkehr oder bei einer zügigen Bergabfahrt), überträgt sich diese Hitze von den Bremsbelägen (800 Grad und mehr sind dort möglich) auf die Bremskolben und von dort auch auf die Bremsflüssigkeit. Der darin enthaltene Wasseranteil beginnt deutlich früher zu sieden, als dies reine Bremsflüssigkeit tun würde.
Das führt zu den gefürchteten Dampfblasen mit längeren Pedalwegen und einer nachlassenden Bremswirkung. Wasser in der Bremsflüssigkeit lässt sich nämlich in den Bremsleitungen zusammenpressen. Der Fahrer merkt dies daran, dass sich das Bremspedal zunächst „schwammig“ anfühlt und sich leicht bis aufs Bodenblech durchdrücken lässt, ohne dass eine Bremswirkung eintritt.
Während Wasser je nach Höhe über dem Meeresspiegel schon bei 100 Grad Celsius siedet, bleibt Bremsflüssigkeit sehr viel länger „cool“ und kann den Pedaldruck noch bei Temperaturen von teilweise über 250 Grad übertragen.
Sorgfalt ist lebenswichtig!
Oberstes Gebot beim Wechseln der Bremsflüssigkeit ist Sauberkeit. Daher sollten fusselfreie neue (oder frisch gewaschene) Lappen und Handschuhe bereitliegen (Letztere auch wegen der ätzenden Wirkung der Bremsflüssigkeit). Denn schon kleinste Fremdkörper im Bremssystem können die empfindlichen Kolben beschädigen. Daher sollte man auch alle Trennstellen sofort dicht verschließen, wenn etwa Bremsschläuche oder der Deckel vom Hauptbremszylinder abgeschraubt werden.
Eine Bremsanlage lässt sich durchaus in Eigenregie befüllen und entlüften, sofern man alle Arbeitsschritte sehr sorgfältig ausführt und keinerlei Schlendrian duldet. Wenn Sie den geringsten Zweifel haben, sollten Sie den Job allerdings unbedingt Fachleuten überlassen: Ein Fehler an der Bremsanlage führt schnell zu einem Unfall und im schlimmsten Falle zu gravierenden Personen- und Blechschäden. Zum Entlüften wird der Wagen mit abgenommenen Rädern so stabil angehoben oder aufgebockt, dass ein Helfer am Steuer sitzen und später das Bremspedal energisch betätigen kann.
Ablassen und Befüllen
Zum Ablassen öffnet man an dem Rad, das am weitesten vom Bremszylinder (meist nahe dem Bremspedal) entfernt ist, das Entlüftungsventil – bei Linkslenkern also rechts hinten, bei Rechtslenkern links hinten. Der Helfer drückt das Bremspedal langsam hinunter und hält es in dieser Stellung.
ACHTUNG: Das Bremspedal sollte nie vollständig durchgetreten werden: Dann bewegt der Bremszylinder sich über die im normalen Betrieb auftretenden Grenzen hinaus, was die
Gummidichtungen im Zylinder beschädigen kann!
Jetzt kann die alte Bremsflüssigkeit über einen Schlauch, der auf das Entlüftungsventil gesteckt wurde, in ein bereit- gestelltes (und später gut verschließbares) Gefäß mit einem halben bis einen Liter Inhalt (je nach Fahrzeug) fließen. Dieser Vorgang wird an allen anderen Rädern wiederholt, bis die Bremsanlage leer ist. Danach werden alle Entlüftungsventile fest geschlossen.
Nun kann frische Bremsflüssigkeit in den Vorratsbehälter eingefüllt werden. Der Helfer am Bremspedal pumpt danach so lange, bis er wieder einen gewissen Bremsdruck im Pedal spürt, und hält dann mit dem Fuß das Pedal durchgedrückt. Nun wird das Entlüftungsventil an dem Rad geöffnet, das am weitesten vom Lenkrad entfernt ist – etwas Flüssigkeit läuft hinaus, während das Bremspedal in Richtung Bodenblech fällt, weil der Druck aus dem System entweicht.
Auf das Entlüftungsventil sollte ein klarer Ablaufschlauch gesteckt sein, mit dem die auslaufende Bremsflüssigkeit in einem Behälter aufgefangen wird. Außerdem kann man im klaren Schlauch auch noch kleinste Luftbläschen sehen, die mit der Flüssigkeit austreten.
Ist das Pedal fast am Bodenblech, wird das Entlüftungsventil geschlossen, der Helfer am Pedal pumpt erneut so lange, bis er einen möglichst guten Pedaldruck erreicht. Dann wird erneut das Entlüftungsventil geöffnet, es tritt erneut Bremsflüssigkeit, mit mehr oder weniger Luftbläschen vermischt, aus. Dieser Vorgang wird an jedem Bremszylinder so lange wiederholt, bis nur noch klare Bremsflüssigkeit ohne Luftblasen austritt.
Dabei gilt: mit dem Radbremszylinder beginnen, der am weitesten vom Hauptbremszylinder entfernt ist. Wichtig dabei ist auch, dass Sie regelmäßig den Flüssigkeitsstand im Vorratsbehälter überprüfen und gegebenenfalls auffüllen. Passiert dies nicht, sinkt der Flüssigkeitspegel beim Entlüften unter die kritische Marke, und beim Pumpen mit dem Pedal wird Luft in das System gezogen – die Arbeit beginnt von Neuem.
Auch beim Befüllen mit frischer Bremsflüssigkeit muss das Entlüften nacheinander an allen Rädern wiederholt werden. Die Entlüftungsventile sollte man übrigens immer nur „gut handfest“ (bzw. nach Herstellervorgabe) anziehen und auf keinen Fall „anknallen“, sonst droht die Gefahr der Beschädigung dieser oft filigranen Teile.
Zu bedenken ist bei der Do-it-yourself-Methode, dass das völlige Durchtreten des Pedals den Kolben im Hauptbremszylinder bis an den Anschlag bewegt, wo er üblicherweise kaum hinkommt und wo daher mit Ablagerungen zu rechnen ist. Diese Rauigkeiten können den Dichtring beschädigen und somit zu einer Beschädigung oder gar zu einem Totalausfall des Hauptbremszylinders führen.
Entlüften wie die Profis
Daher empfiehlt es sich oft, entweder einen Fachmann mit einem professionellen Absaug- und Entlüftungsgerät aufzusuchen oder ein solches im Club gemeinsam anzuschaffen. Zusätzlich wird teilweise ein Druckluftkompressor für die Saugpumpe benötigt. Entscheidend beim Einsatz von Entlüftungsgeräten ist ein passgenauer Adapter für den Vorratsbehälter.
Denn hier darf keine Luft mit angesaugt werden. Wenn der Anschluss nicht klappt, kann man auch einen zusätzlich erworbenen zweiten Deckel für den Bremsflüssigkeitsbehälter mit einem Schlauchnippel versehen und so den Saugschlauch direkt anschließen.
Wer den Zeitpunkt für den Wechsel der Bremsflüssigkeit genauer treffen will, greift zu einem Messgerät für den Siedepunkt. Wenn dieses Werte unter 145 bis 180 Grad Celsius (je nach Bremsflüssigkeit DOT 3 bis DOT 5) zeigt, steht dringend ein Wechsel an.
Die richtige Sorte wählen!
Apropos DOT – diese Abkürzung steht für das amerikanische „Departement of Transportation“ (Verkehrsministerium) und gibt zusammen mit einer Ziffer die „Qualität“ einer Bremsflüssigkeit an. Diese Mindestanforderungen wurden ab 1972 aufgestellt und umfassen neben dem Siedepunkt auch die Fließfähigkeit (Viskosität), den pH-Wert, das Verhalten bei tiefen und hohen Temperaturen, Verträglichkeit mit Gummidichtungen und -manschetten, Korrosionsverhalten, chemische und Oxidationsstabilität sowie Schmierverhalten.
Autos, für die DOT 3 vorgeschrieben ist, sollten nicht mit DOT 4 befüllt werden, weil dann die Gummidichtungen aufquellen können und Bremsflüssigkeit austreten kann. Dagegen eignet sich DOT 5.1 für die meisten Fahrzeuge. Wichtig ist, dass DOT 5.0 SB (auf Silikonbasis) keinesfalls mit anderen Bremsflüssigkeiten gemischt werden darf.
Einige Beispiele: Beim Citroën 2CV mit Trommelbremsen kommt DOT 3 (synthetisch) zum Einsatz, bei „Döschewos“ mit vorderen Scheibenbremsen dagegen die Citroën-spezifische grüne LHM, weswegen der Hauptbremszylinder aus Sicherheitsgründen ab Werk grün lackiert wurde.
Bei den großen Brüdern der Ente (wie DS/ID 19/21) verwendete Citroën anfangs die eigene Sorte LHS rot, später dann die verbesserte „grüne“ LHM. Beide Flüssigkeiten sind nicht miteinander kompatibel und führen bei Nichtbeachtung zu einem Bremsausfall.
Um bei der Auswahl der richtigen Bremsflüssigkeit für das eigene „Schätzchen“ keinen Fehler zu begehen, sollte man sich ausschließlich auf Herstellerangaben verlassen: Ein falsches Produkt kann Bremskomponenten beschädigen oder gar wegen Bremsversagens zu einem gefährlichen Unfall führen.
In der Tabelle mit den gebräuchlichen Bremsflüssigkeiten sind die wesentlichen Eigenschaften der verschiedenen Sorten aufgeführt, wobei der Siedepunkt für das frische Produkt gilt (direkt nach Öffnen des Behälters) und der Nass-Siedepunkt für Bremsflüssigkeit, die unter genau vorgeschriebenen Bedingungen Wasser aufgenommen hat (in der Regel etwa 3,5 Prozent). Die Viskosität gibt einen Hinweis auf die Kältebeständigkeit der verschiedenen Qualitäten.
Bremsflüssigkeiten, deren DOT-Einstufung mit einem „+“ oder „Super“ erweitert ist, enthalten Komponenten, die Wasser chemisch binden und somit den Siedepunkt langsamer abfallen lassen. Das Produkt ist also länger benutzbar. Dennoch muss auch hier das Zwei-Jahres-Intervall zum Wechseln eingehalten werden.
Bremsflüssigkeit sollte stets frisch gekauft werden und nach dem Öffnen des Behälters nicht lange stehen. Denn sobald der Originalverschluss einmal gebrochen wurde, beginnt die Aufnahme von Feuchtigkeit. Und damit die Verschlechterung des wichtigen Siedepunktes. Außerdem steigt die rostfördernde Wirkung im Bremssystem.
So kann es sogar zu Lochfraß kommen, was wiederum die Abdichtung stört und schlimmstenfalls Bremsflüssigkeit auf die Beläge austreten lassen kann – mit der Folge eines annähernden Totalausfalls der Bremswirkung.
Vorsichtig giftig
Beim Umgang mit Bremsflüssigkeit ist zu beachten, dass sie die Gesundheit schädigt. Damit Augen und Haut nicht ge-reizt werden, sind Schutzbrille und Handschuhe angesagt. Wenn wider Erwarten Bremsflüssigkeit verschluckt wird, sollte man die betroffene Person sofort zum Erbrechen bringen und dann mit ihr einen Arzt aufsuchen.
Karosseriebereiche rund um den Vorratsbehälter sind vor dem Bremsflüssigkeitswechsel abzudecken, denn schon kleine Mengen greifen sowohl Kunststoffe als auch Lackoberflächen an.
Aus dem Vorstehenden lässt sich unschwer schließen, dass Bremsflüssigkeiten nicht in den normalen Haushaltsabfall wandern dürfen, sondern zum Sondermüll gehören. Am besten, man vereinbart die Abgabe verbrauchter oder nicht mehr benötigter Bremsflüssigkeit bei Fachwerkstätten mit Anschluss an das Entsorgungssystem.
Noch ein Wort zu den Messgeräten für Bremsflüssigkeiten: Wird allein der Wassergehalt ermittelt, ist dies nur eingeschränkt aussagefähig, denn ein mineralisches DOT-5-Produkt kann erheblich mehr Wasser chemisch binden als etwa DOT 3. Also muss der maximal zulässige Wasseranteil der jeweils gemessenen Bremsflüssigkeit bekannt sein.
Daher ist es sinnvoller, wenn das Testgerät den Nass-Siedepunkt ermittelt. Dazu wird entweder etwas Bremsflüssigkeit mittels Pipette auf eine Messsonde geträufelt oder aber eine Messung direkt im Ausgleichsbehälter vorgenommen.